Extreme Erntesituation und Logistikprobleme bestimmten 13. Donaubörse

Börsetag sortiert Fakten - Neuer Rekordbesuch - 2019 Europäische Warenbörse Wien
Im Mittelpunkt der Branchengespräche an der 13. Internationalen Donaubörse in Wien standen, so Börsepräsident Josef Dietrich, "das Sortieren der Fakten" nach einer neuerlich "extremen Erntesituation in Europa mit Auswuchsproblemen vom Schwarzmeer- bis in den östlichen EU-Raum und Dürre in den nördlich von Österreich gelegenen EU-Ländern" sowie Logistikprobleme wegen Niederwasser auf wichtigen Binnenwasserwegen wie Donau und Rhein. Dies behindere dringend erwartete Warenflüsse in Richtung der von Dürre heimgesuchten Zuschussregionen. "Freude" zeigte dagegen Dietrich über einen neuerlichen "Teilnehmerrekord angesichts des für die Markt- und Preisbildung nach der Ernte interessant gewählten Termins der Donaubörse". 770 Besucher aus 24 Ländern lockte der Branchentreff aus Getreide- und Futtermittelhandel, Verarbeitung sowie Logistik diesmal an die Wiener Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien.

In Gesprächen mit Teilnehmern dominierte die Überraschung, dass die Erträge im östlichen Mitteleuropa sowohl beim Weizen als auch beim Mais sich höher als erwartet herausstellten und daraus jüngst ein gewisser Druck auf Markt und Preis entstanden sei. "Die Fundamentaldaten einer erstmalig seit 2012/13 weltweit den Bedarf nicht deckenden Weizenernte und eines neuerlichen Bestandsabbaus beim Mais sind an den Terminbörsen schon im August eingepreist worden. Nunmehr tritt eine gewisse Entspannung der Preise ein, solange nicht neue Nachrichten über eine Verschlechterung der Produktions- und Ertragsbedingungen den Bullen an den Börsen frisches Futter liefern", so ein Marktteilnehmer.

Nach Entspannung bei Preisen - Dürre bereitet Sorgen für Herbstaussaat

Als solches "Bullenfutter" waren die anhaltende Trockenheit und Sorge um die Bedingungen für den Herbstanbau von Norddeutschland über Polen, das Baltikum und Skandinavien bis hin zu den Nordsee-Anrainerstaaten zu hören. Diese Umstände münden jetzt schon in ein deutliches Minus beim Rapsanbau. Halte die Dürre bis zur Winterweizen-Aussaat an, könnte dies ein brisantes Aufwärtspotenzial für die Weizennotierungen in sich bergen. Die Dürre habe schon die Sommerernte in Deutschland, dem zweitgrößten Weizenerzeuger der EU und Exporteur von Qualitätsweizen, auf den schlechtesten Ertrag seit den 1980er-Jahren eingedörrt, wobei davon vor allem der Norden betroffen sei, während die Ergebnisse zwar auch noch unter dem Durschnitt, aber doch besser ausgefallen seien. Arg erwischt habe es auch Polen, einen weiteren großen Produzenten.

Von den 2018 ungewöhnlich früh eingesetzten Herbsternten wurde berichtet, vom Schwarzmeerraum, der Ukraine bis ins östliche Mitteleuropa in Ungarn würden sehr gute Erträge erzielt. Dies sei auch bei der schon Mitte August gestarteten Maiskampagne in Österreich so der Fall.

Osteuropa: Hohe Weizenerträge und Auswuchsprobleme - europaweit mehr Protein

Die Freude im östlichen Mitteleuropa über die hohen Weizenerträge werde wie etwa in Bulgarien oder Rumänien allerdings durch massive Auswuchsprobleme getrübt, hieß es. Ölsaaten wiesen in dieser Region sowohl große Mengen als auch sehr gute Ölgehalte auf. Europaweit lägen aufgrund der geringeren Erträge als im Vorjahr die Proteinwerte des Weizens abgesehen von Fallzahlproblemen höher als in den vergangenen Jahren. Damit stehe Österreich mit seinem hohen Anteil an Premiumweizen auf dem Nischenmarkt für Aufmischweizen in Konkurrenz zu insbesondere seinen unmittelbaren nördlichen und östlichen Nachbarstaaten auch wiederum nicht alleine da. Zumal auch aus den USA schon Aufmischweizen nach Europa dränge.

Staatliche Eingriffe und Politik verstärken Ausschläge

Teilnehmer wiesen in Zusammenhang mit den starken Ausschlägen der Börsen nach oben wie nach unten in den vergangenen Wochen auch auf den Einfluss staatlicher und politischer Markteinflüsse hin: von den Handelskriegen der USA mit Ländern wie China auf den Sojakomplex, von Exportsteuern Argentiniens auf Weizen sowie den von der Regierung in Moskau letztlich wieder dementierten Gerüchten, der weltgrößte Exporteur Russland stehe davor, nach einem Weizenertrags-Desaster im Ausmaß von rund einem Viertel in dieser Saison Exporteinschränkungen über Ausfuhrabgaben zu verhängen. Solange Russland noch über Ware verfügt und vor allem auch die Produzenten dringend Bares für die Finanzierung der Betriebsmittel für den Herbstanbau benötigten, werde es mit den niedrigsten Exportpreisen den Weizenweltmarkt bestimmen.

Die Ausschläge der Börsenkurse manifestieren sich etwa in der Entwicklung der Schlusskurse des an der Pariser Euronext notierten Europäischen Mahlweizens am für die Ernte 2018 aktuell ausschlaggebenden Liefertermin Dezember 2018 seit Beginn des laufenden Wirtschaftsjahres 2018/19 am 1. Juli: Von 183,50 Euro/t am 2. Juli stieg der Kurs am 7. August auf eine Spitze von 216,50 Euro/t und kühlte sich dann in erratischen Abwärts- und zwischendurch auch wieder Aufwärtsausschlägen bis 7. September auf 197,75 Euro/t ab. Die Kassamärkte reagierten auf diese Ausschläge vorsichtiger und mit verzögerten und geringeren Ausschlägen, weil ihnen eine eindeutige Orientierung von den Terminbörsen fehlt, wodurch eine Absicherung von Preisen durch Hedging erschwert wird. Der an der Wiener Produktenbörse notierte österreichische Premiumweizen begann das Wirtschaftsjahr am 4. Juli mit 185 Euro/t und stieg bis 5. September allmählich auf 196 bis 200 Euro/t.

Österreich: Kleinere Weizenernte mit sehr hoher Qualität - Marktboom durch Dürre

Der bei der Donaubörse von Agrarmarkt Austria (AMA), Landwirtschaftskammer Österreich, Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung und Bundesgremium des Agrarhandels in der WKO aufgelegte Folder "Österreichische Weizenernte 2018" informierte insbesondere für ausländische Kaufinteressenten über Mengen und Qualität aus der aktuellen Ernte.

Peter Gartner, Vorsitzender des Expertenkomitees für Getreide, stellt dazu im Vorwort zu den Märkten fest: "In Teilen Nordeuropas, Russland und der Schwarzmeer-Region resultierte eine langanhaltende Dürre- und Hitzewelle in teilweise desaströsen Getreideerträgen, welche in den vergangenen Wochen zu einem Marktboom und signifikant steigenden Weizenpreisen führten."

Österreichs diesjährige Weizenernte erreichte 1,3 Mio. t, "was sogar weniger als letztes Jahr und rund 20% unter dem fünfjährigen Durchschnitt ist". Das Regendefizit im pannonischen Qualitätsweizengebiet habe im April zum langjährigen Durchschnitt 73% betragen, im Mahlweizengebiet Oberösterreichs 72%. Der Großteil der Weizenernte im pannonischen Raum weise mit mehr als 15% Protein Premiumweizenqualität auf, Qualitätsweizen spiele eine untergeordnete Rolle und Mahl- sowie Futterweizen seien nur in Oberösterreich und zum Leidwesen der nationalen und internationalen Mühlenwirtschaft neuerlich nur im Mangel verfügbar.

Der Folder fasst zur Qualität der Aufmischweizen zusammen: "Die Backeigenschaften in der pannonischen Region werden als exzellent klassifiziert. Die Proteinwerte, der Feuchtklebergehalt und die Fallzahlen sind vom Allerbesten. Farinogramm und Alveogramm lassen sehr gute Verarbeitungseigenschaften erwarten."

Höhere Markterlöse könnten Mindererträge teilweise kompensieren

Der Experten-Vorsitzende Gartner folgert daraus in seinem Marktausblick zur heimischen Weizenernte 2018: "Wir haben begründete Annahmen, zu glauben, dass höhere Markterlöse die niedrigen Erträge zumindest zum Teil kompensieren könnten. Jedoch sollten wir die Tatsache nicht vergessen, dass in den benachbarten osteuropäischen Ländern die trockenen Witterungsbedingungen ebenfalls zu hohen Proteinwerten der Weizenernten führten und Österreich daher auf den klassischen Absatzmärkten wiederum mit starken Herausforderungen im Wettbewerb konfrontiert sein wird."

Wiener Börse richtet 2019 Europäische Warenbörse aus - Donaubörse entfällt

2019 wird die Wiener Produktenbörse die 59. Europäische Warenbörse in Wien ausrichten. Dieser traditionelle alljährliche Börsetag der Vereinigung von 37 Warenbörsen aus ganz Europa wird von 17. bis 18. Oktober 2019 in Wien stattfinden. Wegen des knappen Zeitabstands zu der alljährlich am ersten Freitag im September angesetzten Donaubörse entfällt diese 2019 und Wien wird nur als Austragungsort des wichtigsten Branchentreffs in Europa fungieren. Die bedeutendsten Marktplätze Europas wetteifern um die Austragung dieses Events, 2018 ist der wichtigste Weizenexporthafen und Erfüllungsort der Pariser Terminbörse Euronext, Rouen, am Zug. Wien wird 2019 zum dritten Mal Austragungsort der 1961 gegründeten Europäischen Warenbörse. Anlass ist diesmal unter anderem das 150-jährige Bestandsjubiläum der 1869 als autonome Organisation gegründeten Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien mit Sitz im historischen Börsegebäude in der Taborstraße 10.