Kurze Erholung nach scharfer Korrektur an Getreide-, Mais- und Ölsaatenmärkten

Russland schießt neuerlich gegen Getreide-Deal quer - Heimischer Markt startet stotternd

Wien, 3. März 2023 (aiz.info). - An den internationalen Terminmärkten haben Weizen, Mais, Sojabohnen und Raps bis zur Wochenmitte ungebremst eine scharfe Kurskorrektur fortgesetzt, ehe ab Mittwoch eine Erholung einsetzte. Die Märkte reagierten zum einen mit einer natürlichen Gegenbewegung, indem niedrige Preise Investoren wieder anlocken. Zum anderen reagierten sie darauf, dass Russland nach einer Phase allgemeiner Zuversicht bezüglich der Verlängerung des Getreide-Deals zum Exportkorridor am Schwarzen Meer im Vorfeld von Verhandlungen neuerlich querzuschießen begann. Die gesunkenen Preise sowie offensichtlich ins Stocken geratene Maislieferungen aus der Ukraine ließen den heimischen Kassamarkt - wenn auch nur stotternd - etwas in Fahrt kommen.
 
Die Exportzahlen der USA fallen auch aufgrund der Stärke des US-Dollars weiterhin schwach aus. Bei den fundamentalen Marktdaten standen einander des Weiteren eine Entspannung der Trockenheit in den US-Weizenbauregionen, ein geschätzter Anstieg der US-Weizenfläche zum Vorjahr um 700.000 ha und der von Mais um 900.000 ha auf der bearishen Seite sowie eine Verschärfung der Dürremisere in Argentinien und deren Folgen für Mais und Sojabohnen auf der bullishen Seite gegenüber. Reichlich Mais aus Brasilien hingegen drückt an der CBoT wiederum auf die Maisnotierungen. Der Einbruch seiner Agrarexporte beschert dem chronisch von Pleite bedrohten Argentinien einen akuten Devisenmangel. Die Wechselkurspolitik der Regierung in Buenos Aires provozierte dieser Tage zudem wütende Landwirteproteste.
 
Marktbeobachter sprechen davon, die globale Versorgungssicherheit und zuletzt entspanntere Stimmung an den Märkten mit einer Umkehr der Preisspirale vertrage die kriegsbedingten Ausfälle von Produktion und Exporten der Ukraine zwar gerade noch, doch dürfen nicht mehr viele weitere Hiobsbotschaften für die Versorgung aus der kommenden Ernte hinzukommen, um wieder nervöse Preisausschläge auszulösen.
 
Russland schießt neuerlich gegen Getreide-Deal quer
 
Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte beim G20-Treffen in Indien westliche Sanktionen gegen die Wirtschaft seines Landes und Verband deren Aufhebung mit der Bereitschaft zur Aufnahme der Verhandlungen zur Verlängerung des Getreide-Deals über den 18. März hinaus. Zuvor schon hieß es aus Moskau, man werde der Verlängerungen nur dann zustimmen, wenn Hürden für Exporte aus Russland beseitigt würden. Russische Agrar- und Düngerexporte unterliegen zwar keinen direkten Sanktionen, solche aber erschweren den Zugang zum internationalen Zahlungssystem und zu Versicherungs- und Logistikdienstleistungen zur Abwicklung dieser Ausfuhren. Schon beim Poker um die vorige Verlängerung des Getreide-Deals im November stellte Russland dieses Junktim auf, öffnete aber letztlich stillschweigend die Tür zur Verlängerung um 40 Tage durch den Verzicht auf einen expliziten formalen Einspruch.
 
Denn das Land ist selber von einem funktionierenden Exportkorridor über das Schwarze Meer abhängig. Es sitzt auf einer Rekord-Weizenernte von mehr als 100 Mio. t und versucht mit Kampfpreisen krampfhaft, den knappen Lagerraum für die Aufnahme der nächsten Ernte halbwegs wieder leer zu bekommen. Das Moskauer Landwirtschaftsministerium wolle daher die Exportquote 2022/23 nicht weiter einschränken und bei den aktuell etwa 60 Mio. t Getreide insgesamt belassen. Erst dieser Tage soll Russland den Großteil einer Ausschreibung der staatlichen türkischen Getreidegesellschaft über 790.000 t Weizen gewonnen haben - einen weiteren Teil davon soll die Ukraine liefern.
 
Wechsel bei Wetterphänomenen von La Nina auf El Nino wird wahrscheinlicher
 
Laut der Genfer Weltwetterorganisation (WMO) nehme die Wahrscheinlichkeit zu, dass das derzeit seit drei Jahren herrschende, mit Abkühlung verbundene Wetterphänomen La Nina vom temperaturtreibenden El Nino abgelöst wird. El Nino bringt Dürre in Australien, Südostasien, Teilen Afrikas und Südamerikas wie dem Amazonasgebiet sowie übermäßige Niederschläge etwa an der Pazifikküste Südamerikas bis in die USA nach Kalifornien. So sprechen erste Schätzungen für die Ernte 2023/24 in Australien nach dem Rekord von bis zu 37 Mio. t heuer von nur mehr 25 bis 26 Mio. t.
 
Euronext mit neuerlichen Wochenverlusten
 
An der Euronext in Paris gab der Schlusskurs des März-Weizenkontrakts von vorigem Freitag bis Donnerstag dieser Woche von 279,75 auf 274,25 Euro/t nach, wobei er am Mittwoch auf ein Tief von 271,25 Euro/t gefallen war. Mais zur Lieferung im März fiel in diesem Wochenabstand von 288,50 auf 286,00 Euro/t mit dem Tief bei 279,25 Euro/t am Dienstag, und Raps mit Fälligkeit Mai verlor von 542,00 auf 531,00 Euro/t - ebenfalls mit dem Tief von 528,25 Euro/t am Dienstag. Die März-Termine von Weizen und Mais stehen kurz vor dem Auslaufen. Die mittlerweile am meisten gehandelten Folgetermine lagen am Freitag nach anfänglichen Verlusten dann doch neuerlich leicht im Plus.
 
Heimischer Kassamarkt startet stotternd
 
Stotternd und schubweise starteten am heimischen Kassamarkt Abschlüsse mit inländischen wie auch italienischen Mühlen über Brotweizen. Beobachter rätseln, ob nun Verarbeiter doch frischen Rohstoffbedarf hätten oder ob der Druck noch auf Lager liegender, unverkaufter Bestände zu Lockangeboten verleitet habe. Die Wiener Produktenbörse setzte am Mittwoch dieser Woche die Notierung von Premiumweizen aus, Qualitätsweizen gab eine Spur weiter nach, Durum notierte deutlich niedriger als zuletzt Anfang Februar und Mahlweizen blieb stabil. Auch seien Abschlüsse für Weizen aus der neuen Ernte 2023 getätigt worden, in Wien wurden aber nur solche für Ware aus dem EU-Raum notiert.
 
Auch beim Mais seien ruckweise größere Partien aus dem Inland kontrahiert worden, wobei die Futtermaisnotierung unverändert blieb. Grund für die Bewegung sei, dass Lieferungen aus der Ukraine jüngst wegen Sorge um den Wasserstand auf der Donau und wegen Logistikengpässen und Qualitätsproblemen wie Mykotoxinen ins Stocken geraten seien.
 
Die fallenden internationalen Ölsaatenmärkte hätten die Abgabebereitschaft im Inland stimuliert, allerdings seien die Preise für die Verarbeiter noch nicht weit genug unten. Der Druck auf die Preise GVO-freier Sojaschrote werde noch eine Zeit anhalten, heißt es zudem, wiewohl diesmal die deklarationspflichtigen Schrote im Fahrwasser der Terminmärkte noch stärker als die GVO-freien nachgaben. (Schluss) pos
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