Runter mit den Preisen - zurzeit einziges Motto internationaler Getreidemärkte

Das Weizenangebot vom Schwarzen Meer, sinkende Rohölpreise sowie die erwartete Verlängerung des Getreide-Deals üben Druck auf die Terminmärkte aus. Fundamentaldaten blieben berücksichtigt. In Österreich schlief der Markt wieder ein.

Optimismus zu Schwarzmeer-Getreide-Deal - Österreich: Stotternde Nachfrage abgewürgt

Wien, 10. März 2023 (aiz.info). - Runter mit den Preisen. Das und nichts anderes dürften die Terminmärkte für Weizen, Mais, Soja und Raps zurzeit kennen. Fundamentale Faktoren wie Dürre in Argentinien, ausbleibender Regen in den USA und in Frankreich oder schwunghafte Maisexporte aus den USA bleiben unberücksichtigt. Selbst der Monatsbericht WASDE des US-Landwirtschaftsministeriums zu den globalen Versorgungsbilanzen vom Mittwochabend (aiz.info berichtete) ging diesmal ohne Eindruck zu hinterlassen an den Märkten vorbei. Druck kommt von einem üppigen, zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt drängenden Weizenangebot vom Schwarzen Meer, sinkenden Rohölpreisen sowie von der Erwartung der Verlängerung des Getreide-Deals zu den Exportkorridoren über das Schwarze Meer. Die allgemeine Baisse würgte den in der Vorwoche stotternd angesprungenen Nachfrage-Motor am heimischen Kassamarkt auch gleich wieder ab.
 
Zu den internationalen Märkten heißt es, eine Trendwende könnten allenfalls negative Aussichten auf die herannahenden Sommerernten auf der Nordhalbkugel einleiten. Das Interesse richtet sich unter anderem auf die erste Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums USDA für das Wirtschaftsjahr 2023/24, die in der Mai-Ausgabe seines WASDE-Berichts zu erwarten ist.
 
Optimismus bezüglich Verlängerung des Getreide-Deal überwiegt
 
Die UNO und die Türkei versuchen intensiv, die Vertragsparteien Ukraine und vor allem Russland zur Verlängerung des Getreide-Deals über den 18. März hinaus zu bewegen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres reiste dieser Tage etwa zu Gesprächen nach Kiew. Am Montag kommender Woche werden Vertreter Russlands zu Gesprächen in Genf erwartet.
 
Wie es heißt, solle am 15. oder 16. März eine offizielle Erklärung der Vermittler UNO und Türkei zu erwarten sein. Auch wenn Russland in den letzten Tagen etwa in Person von Außenminister Sergej Lawrow mit der Kritik, der Getreide-Deal sei bisher nur zur Hälfte umgesetzt, wiederholt querschoss, rechnen die Märkte überwiegend mit einer Verlängerung. Denn auch Russland, das auf übervollen Lagern sitzt, sei von ungestörten Exporten über sichere Schwarzmeer-Routen abhängig. Man wolle aber mit den Drohungen offensichtlich Erleichterungen bei indirekten Sanktionen gegen Agrar- und Düngerausfuhren wie beim Zugang zu Logistik- Finanz- oder Versicherungs-Dienstleistungen herausschinden.
 
Preisdruck geht von billigem Schwarzmeer-Weizen und Rohöl aus
 
Der internationale Preisdruck geht neben dem Optimismus bezüglich des Getreide-Deals auch von den auf Hochtouren laufenden und zunehmend billiger angebotenen Weizenausfuhren der Schwarzmeer-Region aus. Der Weizen zieht - zusammen etwa mit zuletzt gesunkenen Rohölpreisen - auch "Nachbarmärkte" wie den für Mais nach unten. Die als Folge der Ankündigung weiterer Zinserhöhungen in den USA fallenden Preise von Rohöl aber auch von Pflanzenölen reißen wiederum die von Raps mit sich.
 
An der CBoT in Chicago fielen die Weizenfutures diese Woche auf seit eineinhalb Jahren nicht gesehene Tiefstände. An der Euronext in Paris gab der Schlusskurs des mittlerweile als Fronttermin maßgeblichen Mai-Weizenkontrakts von vorigem Freitag bis Donnerstag dieser Woche von 275,25 auf 263,50 Euro/t nach. Mais zur Lieferung im Juni fiel in diesem Wochenabstand von 271,25 auf 260,25 Euro/t. Raps mit Fälligkeit Mai stürzte durch die psychologisch wichtige Decke von 500 Euro/t. Er verlor von 538,50 auf 499,00 Euro/t. Im Freitagshandel setzte sich die Talfahrt der Pariser Agrarderivate weiter fort - insbesondere verlor Raps am Mittag weitere 11,50 Euro/t.
 
Fundamentaldaten treten zurzeit in den Hintergrund - Konservative USDA-Schätzungen
 
In den Hintergrund treten dabei zurzeit etliche Fundamentaldaten: So senkte das Landwirtschaftsministerium in Washington die Bonitierung der Winterweizenbestände im wichtigen Anbaustaat Kansas binnen Wochenfrist um zwei Prozentpunkte auf lediglich 17% "good to excellent". Trockenheit in Süd- und Auswinterungen durch Eiskrusten in Zentralrussland veranlassten den Analysten Sovecon, die Prognose für die russische Weizenernte 2023 um weitere 0,7 Mio. t auf 83,5 Mio. t zu senken. Zum Vergleich: 2022 hätten die russischen Landwirte laut Moskauer Agrarressort 104 Mio. t Weizen eingefahren, die "traditionell" weit vorsichtigere Schätzung des USDA lag diese Woche bei 92 Mio. t.
 
Dass die WASDE-Berichte bei der Anpassung von Ernteschätzungen offensichtlich zur Vermeidung gröberer Verwerfungen auf den Märkten sehr konservativ vorgehen, zeigen zudem die Prognosen der Folgen von Dürre in Argentinien: Während das USDA diese Woche Argentiniens Sojaernte 2022/23 um 8 Mio. t kleiner als zuletzt mit 33,00 Mio. t bezifferte, senkte die Getreidebörse in Rosario ihre zuvor schon düsterere Prognose um weitere 7,5 Mio. t auf 27,00 Mio. t Sojabohnen.
 
Für den von üppigen Regenfällen gesegneten Nachbarn Brasilien, wo sogar ein Zuviel an Niederschlägen die Ernte verzögert, nahm die Agrarbehörde Conab die Erwartung in die Sojabohnenproduktion 2022/23 um 1,4 Mio. t auf 151,40 Mio. t zurück. China - weltgrößter Importeur - soll zuletzt seine Kaufbemühungen am Sojaweltmarkt deutlich verstärkt haben, um sowohl für Verzögerung von Lieferungen aus Brasilien vorzusorgen als auch deshalb, weil im Reich der Mitte Wirtschaft und Nachfrage wieder anspringen.
 
GVO: Thema für Weizen in Brasilen und Streitgegenstand zwischen Mexiko und USA
 
In Brasilien wird Gentechnik ein Thema: Der südamerikanische Agrarriese experimentiert mit GVO-Weizensorten, um die Importabhängigkeit bei diesem Getreide zu verringern. Brasilien ist mit Einfuhren von rund 6,4 Mio. t Weizen in den vergangenen Jahren und laut USDA-Schätzung heuer von 5,6 Mio. einer der größten Weizenimporteure auf der Welt.
 
Ein von Mexiko anvisiertes Verbot von GVO-Maisimporten führt hingegen zu heftigen politischen Verwerfungen und Druck aus den USA. Die Farmer in den USA, des mit fast 47 Mio. t weltweit zweitgrößten Maisexporteures nach Brasilien, machen den Löwenanteil des Geschäfts bei Mexikos mehr als 17 Mio. t Maisimporten. Im Falle des Verbots von GVO-haltigen Maislieferungen sehen sie ihre Felle davonschwimmen, weil in den USA kaum mehr GVO-freie Maissorten angebaut werden.
 
Stotternd angesprungener Nachfrage-Motor in Österreich wieder abgewürgt
 
Die auf eine nur kurze Phase der Erholung gefolgte neuerliche Abkühlung der internationalen Preisniveaus habe am österreichischen Kassamarkt die Verarbeiter wieder Abstand von aktiverer Kauftätigkeit nehmen lassen. Der stotternd angesprungene Nachfrage-Motor war damit rasch wieder abgewürgt. Mühlen zeigten sich nunmehr wieder gut mit Rohstoff versorgt, hieß es rund um die dieswöchige Notierungssitzung der Wiener Produktenbörse. Solange sich die Trends nicht umkehrten, sei nicht mit substanziellen Geschäften oder gar mit der noch offenen Deckung des Bedarfs für den Anschluss an die neue Ernte zu rechnen, sondern bestenfalls weiterhin nur mit dem kurzfristigen Stopfen von Bedarfslücken oder sogenannten Drehungsgeschäften.
 
Dabei werde beim Brotgetreide der Angebotsdruck der Abgeber aus dem In- und auch Ausland stärker, und die Preise geben weiter nach. Damit notierten Premium-, Qualitäts- und Durumweizen am Mittwoch in Wien wiederum deutlich niedriger als zuletzt.
 
Am Maismarkt, so dem Vernehmen nach, hielten sich nicht nur die Aufkäufer unter dem Hinweis auf unsicheren Absatz und daher gedrosselte Verarbeitungskapazitäten zurück. Auch die Abgeber seien - motiviert von den doch größeren Deckungskäufen der Vorwoche - nicht bereit, die aktuellen Geldkurse zu akzeptieren. Diese Deckungskäufe kamen zustande, weil offensichtlich die Zufuhr über die Donau wegen Niederwasser und Kleinwasserzuschlägen bei den Transportkosten ins Stocken geraten sei. Nunmehr heißt es aber, dass Angebote aus dem Osten wieder drückten und heimische Anbieter die dadurch vorgegebenen Preisen nicht verschmerzen könnten. Denn etliche Lagerhalter litten darunter, Mais aus der Ernte zu den damals noch hohen Preisen teuer eingekauft zu haben und nunmehr beim Verkauf schmerzhafte Verluste hinnehmen zu müssen.
 
Lieferungen der Ukraine über den Landweg in osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten hatten zuletzt in diesen Regionen für Unmut gesorgt, weil diese dort oftmals gestrandet seien, anstatt ihren Weg weiter in die Nachfragezentren der westlichen EU zu finden. Dies habe die lokalen Preisniveaus unter Druck gesetzt. Nunmehr heißt es aus Getreidehandelskreisen, Zollbehörden in Polen oder Rumänien seien dazu übergegangen, für westliche Mitgliedstaaten bestimmte Getreidelieferungen aus der Ukraine unkontrolliert und verplombt durchzuwinken und deren Abfertigung ihren westlichen Kollegen zu überlassen, währenddessen sie für ihre Länder bestimmte Ware mit einer Reihe von zeitaufwändigen Grenzformalitäten behandelten.
 
Ruhig ist auch der Ölsaatenmarkt - auch hier frische das Angebot aus dem Osten auf. Zumindest sei mehr Interesse der Verarbeiter an neuer Ernte ausgemacht worden, wobei sich die Quotierungen aber kaum von denen alter Ernte unterschieden. (Schluss) pos
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