Weiterhin Seitwärtsbewegung bei Weizen - Mais verliert leicht und Raps-stärker

Hausgemachte Faktoren verstärken Tristesse am heimischen Kassamarkt

Wien, 13. November 2023 (aiz.info). - An den internationalen Weizenmärkten hielt in den vergangenen vierzehn Tagen eine Seitwärtsbewegung an. Daran änderten bislang auch Russlands Raketenbeschuss eines unter einer afrikanischen Flagge fahrenden zivilen Frachtschiffes im ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa und der am vergangenen Donnerstagabend veröffentlichte monatliche Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums USDA zu den globalen Versorgungsbilanzen (WASDE, siehe Bericht auf aiz.info) nichts. Die Maisnotierungen an der Pariser Euronext konnten dem gegenüber seit Ende Oktober etwas zulegen, während Raps auf der Verliererseite stand. Am heimischen Kasssamarkt verbreitet sich aufgrund hausgemachter Faktoren wie schwacher Nachfrage nach Verarbeitungsprodukten, den Geschäftsfluss bremsenden Mangels an Frachtkapazitäten und hoher Kosten verstärkt Tristesse. Logistikprobleme plagen aber auch weite Teile Europas.
 
Warum der russische Raketenangriff auf das Frachtschiff in Odessa nur einen kurzfristigen schwachen und bald wieder kompensierten Preisausschlag der internationalen Weizennotierungen nach sich gezogen habe, heißt es aus Branchenkreisen: Preissprünge seien erst dann zu erwarten, wenn in der Folge dieses Vorfalls die Versicherungsgesellschaften ihre Prämien für Fahrten in diese Gewässerstark erhöhten oder diese Risiken gar nicht mehr übernähmen. Derartiges geschehe aber nicht über Nacht.
 
EU-Weizenexport hinkt nach - Hoffnungen Frankreichs auf Algerien und China
 
Der Weichweizenexport der EU verlor laut Bericht der Europäischen Kommission für die ersten 19 Wochen des Wirtschaftsjahres bis zum 2. November mit 9,946 Mio. t mit einem Defizit von 25% nach vorangegangenem Aufholen wiederum etwas Terrain gegenüber dem Vorjahr. Dabei weckte vorige Woche ein Zuschlag Algeriens über knapp 600.000 t Weizenexport in Frankreich Hoffnungen, zumindest einen Teil des Geschäfts gemacht haben zu können. Frankreich hat lange Jahre als wichtigster und praktischer, weil frachtnahe gelegener Weizenlieferant Algeriens gegolten, ehe sich die ehemals französische Kolonie aufgrund politischer Zerwürfnisse jüngst immer stärker neuen Quellen wie Russland zuwendete. Für die Weizenlieferungen nach Algerien wurden c&f-Preise (cost an freight) von durchschnittlich 266 USD/t (gut 249 Euro) kolportiert. Frankreich verlor in dieser Saison die Position der Nummer eins der Weizenexporteure in der EU an Rumänien, hofft aber mit der Akquisition neuer Kunden wie China, die Führungsrolle wieder zurückzuerobern.

China fuhr heuer selbst eine schwache Weizenernte ein und könnte mit einem vom US-Agrarressort geschätzten Volumen von 12 Mio. t 2023/24 zum weltgrößten Weizenimporteur noch vor dem bisherigen Leader Ägypten werden. Das Reich der Mitte muss sich aufgrund der Dürre in Australien aber nach alternativen Lieferanten umsehen, woraus sich Anbieter wie Frankreich und auch die USA neue Chancen ausrechnen. Die USA tätigten jüngst auch große Abschlüsse von Sojabohnenlieferungen wie aktuell über 400.000 t nach China.
 
Euronext: Weizen seitwärts - Mais mit leichten und Raps mit stärkeren Verlusten
 
Der Schlusskurs des Weizen-Futures mit Fälligkeit Dezember an der Euronext in Paris tendierte in den letzten vierzehn Tagen bis Freitag der Vorwoche mit unverändert 232,25 Euro/t seitwärts. Fast seitwärts ging es in diesem Zeitraum für den Pariser März-Maiskontrakt mit einem Minus von 1,25 Euro auf 206,00 Euro/t und deutlicher bergab für den Rapsfuture zur Lieferung im Februar mit einem Minus von 9,25 Euro auf 429,50 Euro/t.
 
Logistikengpässe und Lieferausfälle plagen neben Österreich weite Teile Europas
 
Nicht nur der heimische Kassamarkt leidet unter Engpässen in der Logistik oder Lieferausfällen. So auch Italien, ein Zuschussgebiet, das nach der Unterbrechung der Schifffahrtsrouten über das Schwarze Meer große Mengen Mais aus der Ukraine nunmehr auf dem Landweg per Eisenbahn zu beziehen versucht. Nun klage man beim südlichen Nachbarn über Ausfälle von Lieferungen, weil die Eisenbahnverwaltung Kroatiens warne, wegen Bauarbeiten an seinem Schienennetz aus Ungarn kommende und für Italien bestimmte Waggons mit Mais aus der Ukraine an seiner Grenze nicht zeitgerecht übernehmen zu können. Ungarn habe nämlich eine Frist von 50 Tagen verhängt, binnen derer auf dem Transitweg befindliche ukrainische Agrargüter das Land wieder verlassen müssen. Die Einhaltung dieser Frist könne die kroatische Seite nun nicht mehr garantieren.
 
Ebenso komme es im vermeintlich hochentwickelten deutschen Eisenbahnnetz aktuell im für Westeuropa bestimmtem Transitverkehr ukrainischen Getreides zu eklatanten Verzögerungen. Nunmehr akut auszuführende Instandsetzungsarbeiten am über lange Zeit vernachlässigten Schienennetz würden beträchtliche Kapazitätsengpässe nach sich ziehen.
 
Polnische Grenzbehörden wiederum, so kolportieren Handelskreise, würden die Grenzformalitäten für LKW aus der Ukraine ostentativ in die Länge ziehen und nicht mehr als ein Fahrzeug pro Stunde ins Land lassen. Laut Agenturmeldungen kritisierten ukrainische Getreidehändler die Zollabfertigung an der polnischen EU-Außengrenze als schleppend. Bis zu zwei Wochen benötige ein Zug nach Deutschland. Man verstehe auch Vorwürfe aus Polen nicht, ukrainisches Getreide in Polen zu verschleudern. Man habe kein Interesse an Dumping, wenn man anderswo mehr erlösen könne. Zuletzt wurden von ukrainischen Produzenten Weizenpreise ab Hof von umgerechnet 80 bis 90 Euro/t genannt. Diese seien nicht kostendeckend. Zudem leide die Produktion unter den Kriegsfolgen. Wegen Kampfhandlungen oder Verminung könnten rund 8 Mio. ha Ackerland - etwa ein Viertel der von der FAO für das Jahr 2022 genannten 32,9 Mio. ha - nicht genutzt werden. Dabei ist die Ukraine stark von ihrem Agrarexport abhängig - Experten schätzen, die Landwirtschaftsprodukte machten 60% aller Ausfuhren der Ukraine aus und brächten zwei Drittel der Deviseneinnahmen ins Land.

Tristesse am heimischen Kassamarkt - Absatz hinkt nach - Logistikengpässe bremsen
 
Nach der Feiertagspause hieß es rund um die Notierungssitzung der Wiener Produktenbörse am vorigen Mittwoch, am Brotweizenmarkt würden regelmäßig Deckungsgeschäfte mit inländischen Mühlen getätigt. Zwar bestehe bei Lagerhaltern Abgabe- und bei Verarbeitern Zahlungsbereitschaft, begrenzender Faktor für mehr Liquidität seien aber fehlende Transportkapazitäten. Die Preise seien halbwegs stabil, wobei aber um die Durchsetzung von Reports hart gerauft werden müsse und auf späteren Verkaufsterminen gestiegene Finanzierungskosten lasteten, werden teilweise höhere Notierungen relativiert.
 
Die Wienerproduktenbörse notierte Premiumweizen mit 316 Euro/t um 11 Euro höher als zuletzt am 23. August, Qualitätsweizen wurde mit 270 bis 287 Euro/t um 8 Euro im Schnitt des Preisbandes höher bewertet als vierzehn Tage zuvor, Mahlweizen mit 224 bis 230 Euro/t um 1,50 Euro niedriger als am 18. Oktober und Durum mit 330 bis 335 Euro/t um 14,50 Euro höher als am 25. Oktober.
 
Ein Mangel an LKWs beziehungsweise an Rückfrachten verhindere trotz Nachfrage ebenso Verkäufe ins Ausland. So hinke laut Marktteilnehmern der Weizenabsatz in der laufenden Saison dem des Vorjahres um bis zu einem Drittel hinten nach, während die Ernte aber etwas größer ausgefallen sei.
 
Trist sehe es auch mit der Nachfrage nach industriellen Verarbeitungsprodukten von Mais aus. Dem Vernehmen nach schöpfe die Industrie zurzeit gerade einmal 60% ihrer Verarbeitungskapazität aus. Der Rohstoffbedarf werde fast zur Gänze aus bestehenden Nassmaisverträgen gedeckt, wobei sich die Kampagne allmählich dem Ende zuneigt. Die Erträge fielen zum Teil schwach aus. Sonst beschränke sich das Maisgeschäft auf kurzfristige Käufe aus der unmittelbaren, frachttechnisch bewältigbaren Umgebung. Futtermais erzielte an der Wiener Produktenbörse mit 172 Euro/t ab Station um 4,50 Euro/t mehr als zuletzt am 18. Oktober. Gleichzeitig gelangten CPT, also einschließlich der Transportkosten bis zum Abnehmer notierte Lieferungen von Futtermais aus dem EU-Raum um 180 Euro/t bis zu Verarbeitern in Niederösterreich, um 185 Euro/t zu solchen in die Steiermark und um 188 Euro/t nach Oberösterreich. Für nach Niederösterreich zugestellten Industriemais aus der EU wurden 180 Euro/t notiert.
 
Geradezu zu einem neuen Geschäftsmodell seien kurzfristige regionale Abschlüsse als Ersatz für immer wiederkehrende Lieferausfälle von Ölsaaten aus der Ukraine geworden.
 
Die aufgrund der hausgemachten Probleme zunehmende Tristesse am heimischen Kassamarkt lasse die durch die Ukraine verursachten Verwerfungen nahezu als Nebensache erscheinen, lautet es aus dem Markt. Letztendlich könnten die gegenüber dem Vorjahr gesunkenen Preise in der Rohertragsrechnung nicht durch größere Mengen kompensiert werden. (Schluss) pos
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